Philosophie
„Jeder Mensch trachtet danach, zu überleben, zu wachsen und nahe bei anderen zu sein. Alles Verhalten drückt diese Ziele aus, unabhängig davon, wie gestört es erscheinen mag…“(Satir, 1979)
Fast alle junge Menschen bringen belastende bzw. „symptomatische“ Kommunikations- und Handlungsmuster in den Hilfekontext ein und können diese dort unter Umständen reproduzieren bzw. finden oftmals Bedingungen vor, welche eine Reproduktion sogar begünstigen. Die pädagogischen Fachkräfte merken dies in der Regel sehr deutlich, wenn die Umsetzungen der verschiedensten Aufträge von Eltern, Jugendamt, Schule etc. nur noch mit großem Energieaufwand möglich sind. Sie „drehen sich dann im Kreis“ oder „springen im Dreieck“, weil sie ständig in Gefahr sind, sich im komplexen Beziehungsgeschehen zu verstricken. Häufig geraten Fachkräfte dabei zwischen die „Fronten“ oder sind in unbewussten Koalitionsbildungen „gefangen“.
Wird eine solche Dynamik nicht frühzeitig erkannt, so kann es zu einer Stagnation im Erziehungsprozess kommen, zu Frustrationen und Handlungsblockaden im Team oder in eskalationsartige Entwicklungen münden. Dabei werden nicht selten Schuldzuweisungen von Fachkräften an Eltern gemacht und auch umgekehrt: von den Eltern an die Fachkräfte.
Um solche „dysfunktionalen Sackgassen“ zu erkennen, steht deshalb selbstkritisches und reflektorisches Bemühen für uns an erster Stelle, um wieder einen funktionalen, konstruktiven Erziehungsprozess in Gang zu bringen und sich entsprechend den jeweiligen Erfordernissen zieldienliche Kompetenzen anzueignen. weiterlesen...
Unsere systemische Sicht von Zusammenhängen und Erklärungsmustern für symptomatisches Verhalten kann eine neue Dimension des Zugangs zu den jungen Menschen und deren Familien, aber auch zum Geschehen im Team und innerhalb der Einrichtung eröffnen.
Aufgrund unserer systemisch - lösungsorientierten Arbeitsweise betrachten wir das Verhalten und Erleben der jungen Menschen und deren Eltern(teilen) mit einer Brille, die es erlaubt, sogenannte „symptomatische“ Vorgänge im Familiensystem als „sinnvolle Lösungen“ zu betrachten, aber auch bisher verborgene Ressourcen und Potentiale zu entdecken. Damit können mehr Chancen zum Wachstum und zur Kreation passender Lösungen genutzt werden. Indem längst vorhandene Fähigkeiten in unsere Aufmerksamkeitsfokussierung rücken, können junge Menschen und ihre Eltern zunehmend bewusster ihre Kompetenzen zur Gestaltung ihres Lebens nutzen.
Unsere Arbeit gründet auf einer stets wertschätzenden Grundhaltung und einer positiven Sicht des Menschen. Unser Blick richtet sich darauf, dass alles Verhalten aktives, selbsterhaltendes und eigenständiges Handeln in Beziehung zu anderen ist, vor allem jedoch, dass jeder die Option hat, sich anders zu verhalten, sich verändern zu können, vorausgesetzt, die einzelne Person will es und tut etwas dafür.
Ein derartiger „Optimismus“ schafft Verwirrung und zugleich Verstörung in einem Arbeitsfeld, das mit jungen Menschen zu tun hat, die als „verhaltensauffällig“ bezeichnet, deren Verhaltensweisen eher destruktiv bewertet oder als verständliche Reaktionen eines „Opfers“ entschuldigt werden. Oftmals drücken sich die Ohnmacht, Resignation und die damit in Wechselwirkung stehende Defizitorientierung der Mitarbeiter in Sätzen wie z.B., „Das Mädchen hat zu nichts Lust!“, „Der Junge hält sich an nichts!“, aus.
Aus systemischer Sicht wissen wir, dass jedes Ereignis seinen Sinn und seine Bedeutung durch die Beziehungen zu seinem Kontext erfährt. Daher stellen sich uns stattdessen Fragen, wie:
- Wer oder was hindert/ stört den jungen Menschen an einer Weiterentwicklung?
- Wer oder was ist hilfreich?
- Was können wir Mitarbeiter anders machen, um Wachstum des jungen Menschen zu ermöglichen?
- Was sind die Ziele der Mitarbeiter? Decken sie sich mit den Zielen des jungen Menschen?
- Was sind die Fähigkeiten und Ressourcen des jungen Menschen?
Das Selbstwertgefühl ist der Schlüssel für Wachstum und Veränderung:
Unserer Erfahrung nach ist das Selbstwertgefühl eines Menschen der Schlüssel für Wachstum und Veränderung. Nur Menschen, die an ihre Fähigkeiten glauben, sich selbst akzeptieren und vertrauen und das Gefühl besitzen, selbst etwas wert zu sein, sind fähig, mit den Herausforderungen des Lebens in angemessener und konstruktiver Weise fertig zu werden.
Von diesem Zustand sind die jungen Menschen, denen wir z.B. in der Jugendhilfe, Psychiatrie, etc. begegnen, in der Regel weit entfernt. Mit ihrem niedrigen Selbstwert, ihrer Unsicherheit, ihrem Gefühl abgelehnt und ausgegrenzt zu sein, neigen sie zum eigenen Schutz eher zu Provokationen, zu Grenzüberschreitungen, zu Störungen, die wiederum Anlass geben zu Sanktionen, zu Begrenzungen, zu Konsequenzen und damit letztlich das Erleben des jungen Menschen bestätigen, nicht akzeptiert und gemocht zu werden: ein „Teufelskreis“. weiterlesen...
Oft kommt es erst dann zu positiven Beziehungen zwischen den Pädagogen und dem jungen Menschen, wenn er bestimmte Anpassungsleistungen erbringt, erwünschtes Verhalten zeigt und sich an die Regeln hält. „Wenn-Dann“-Automatismen erzeugen und provozieren auf der Seite der Pädagogen und der der Klienten Verhaltensweisen, wie Abwerten, Kleinmachen, Rechthaberei, Sich-Durchsetzen, Machtkämpfe mit Gewinnern und Verlierern, Situationen, die wenig wachstums- und selbstwertförderlich sind.
Nach Satir können „ Gefühle von positivem Selbstwert ... nur in einer Atmosphäre gedeihen in welcher individuelle Verschiedenheiten geschätzt sind, in welcher Fehler toleriert werden, wo man offen miteinander spricht und wo es bewegliche Regeln gibt...“.
Das bedeutet für unsere Arbeitsweise, dass wir die jungen Menschen ernst nehmen und wertschätzen als Individuen und in ihrer jeweiligen Entwicklung, sie als gleichwertig und einzigartig anerkennen und sie in ihrer Unterschiedlichkeit, in ihrem aktuellen „So-Sein“ und in ihren Entscheidungen respektieren.
Nicht die Anpassung an möglicherweise überholte Regeln, sondern die Orientierung der Regeln an den Bedürfnissen und dem Bedarf des Einzelnen, der Gruppe und der Situation ist Maßstab für unser Handeln. Hierbei spielen der menschliche Umgang mit Regeln, die Transparenz und Deutlichkeit der Regeln sowie deren Sinn und aktueller Bezug die entscheidende Rolle.
Die pädagogischen Fachkräfte sind Experten im Gestalten von Prozessen, die jungen Menschen sind Experten für ihr Leben.
Eine Grundannahme ist, dass alle erforderlichen Ressourcen zu positiven Veränderungen in einem Menschen vorhanden sind:
Diese müssen nur:
- gefunden und
- zum passenden Zeitpunkt
- im passenden Kontext aktiviert werden.
Die pädagogische Arbeit besteht demzufolge darin:
- die Ressourcen zu finden,
- sie zu wecken und abrufbereit zu machen sowie
- den passenden Kontext zu konstruieren.